Lieber Fußball-Papa!
Ich habe da eine Frage an dich: Bist du eigentlich stolz auf deinen Sohn? Denn nach dem letzten Training hatte man das Gefühl, du wärst es nicht. Ich kenne dich nicht persönlich, deswegen kenne ich deine Geschichte auch nicht. Ich weiß nicht, warum du so reagiert hast. Aber war das denn notwendig.
Die Kinder hatten ihren Spaß beim Training. Sie wurden in zwei Teams aufgeteilt und spielten gegeneinander. Mit Spaß, mit Freude. Obwohl es leicht regnete waren alle mit guter Laune dabei. Auch dein Sohn. Man merkte, die Kinder haben einen tollen Trainer. Er motiviert und vermittelt das Spiel mit Spaß.
Das Team, in dem dein Sohn spielte, hatte verloren. Aber irgendwie störte das niemanden. Naja, fast niemanden. Es störte dich. Warum, lieber Fußball-Papa? Ist doch nicht schlimm. Dein Sohn hat sich einen Nachmittag lang bewegt. In der heutigen Zeit ist das doch so wichtig. Unsere Kinder rosten ein. Ständig müssen sie irgendwo sitzen. In der Schule, bei den Hausaufgaben. Danach folgt meist die Spielekonsole, das Smartphone oder der Fernseher.
Aber du warst sichtlich enttäuscht davon, dass das Team, in dem dein Sohn spielte, bei diesem Training verloren hatte. Und das für mich schlimmste war der Moment, als du deinem Sohn spüren ließt, dass du enttäuscht bist. Du sagtest ihm, dass er als Konsequenz die kommende Woche nur und ausschließlich Fußball trainieren darf. Er brauche sich gar nichts Anderes vornehmen. Kein Treffen mit Freunden, nix mit Eis essen gehen oder Rad fahren.
In dem Moment hast du es geschafft, dass sich dein Sohn, der gerade noch Freude ausstrahlte, total schlecht fühlte. Du gabst ihm dieses Gefühl des Versagthabens. Was genau willst du damit bezwecken? Dass er besser wird? Ehrlich? Du denkst, das funktioniert so? Hättest du deinem Sohn nicht die Schulter klopfen können und sagen können „Tolles Training. Hat es Spaß gemacht?“ Da wäre dir vielleicht ein Stein aus der Krone gebrochen, ich weiß es nicht. Dein Sohn hat nicht verloren. Das ganze Team hat verloren. Der Trainer hat das „Verliererteam“ nicht runter geputzt. Er hat auch deinen Sohn nicht zur Sau gemacht. Willst du wissen, warum? Weil das kontraproduktiv ist. Denn beim Training verliert niemand. Sie gewinnen alle. Nämlich die Erfahrung.
Lieber Fußball-Papa! Dein Sohn schafft es nicht in die Profiliga, wenn du ihn so dermaßen demotivierst. Er wird anfangen das Spiel zu hassen. Denn du setzt das Spiel als Strafe ein. Glaubst du nicht? „Wenn du schlecht spielst, dann darfst du deine Freunde nicht treffen, sondern darfst nur trainieren.“ Vor jedem Spiel, egal ob reines Training oder echtes Match, wird er großen Druck verspüren. Denn du gibst ihm das Gefühl, es läge alleine an ihm, ob das Team gewinnt oder verliert. Jedes Mal, wenn ein Spiel verloren wird, wird er denken, es wäre seine Schuld. Wieder hat er seinen Papa enttäuscht. Wieder muss er mit Konsequenzen rechnen.
Doch das ist doch gar nicht richtig so, lieber Fußball-Papa! Denn Fußball ist ein Teamspiel. Er kann es nicht alleine zum Sieg führen. Es ist nicht seine Schuld, wenn sie verlieren. Du machst aus ihm aber einen Einzelkämpfer. Das geht nach hinten los. So schafft er es bestimmt auch nicht in die Profi -Liga.
Was ich mir für deinen Sohn wünsche
Ich wünsche mir, dass du ihm das nächste Mal auf die Schulter klopfst und ihm sagst, dass du stolz auf ihn bist. Dann lade ihn auf ein Eis ein und bespreche mit ihm das Spiel. Was deiner Meinung nach schief gelaufen ist und wie er das beim nächsten Mal besser machen könnte. Sag ihm, dass du ihn toll findest. Mach aus ihm einen Team-Player. Da wird er es in der Zukunft viel leichter haben. Nicht nur im Fußball.
Nein, lieber Fußball-Papa, ich verurteile dich nicht. Denn ich kenne dich nicht und ich weiß nicht, warum du so reagiert hast. Vielleicht war dein Vater so zu dir als du noch Kind warst. Aber versuche doch dieses Muster, die Vorgabe, zu durchbrechen.
Einai kalythero anthropo apo ton patera toy.
Werde ein besserer Mann als dein Vater.
Vielleicht war es dein Traum, im Fußball was zu erreichen und dieser Traum hat sich nie erfüllt. Das finde ich sehr schade für dich. Lass deinen Frust darüber nicht an deinem Sohn aus und frage dich „Lebt mein Sohn seinen Traum oder meinen?“ Wenn die Antwort ist, dass er eigentlich deinen Traum leben soll, dann lass es einfach. Es wird dich nicht glücklicher machen und ihn auch nicht.
Wenn du ihn zwingst, dann wird das ganze Projekt sowieso scheitern. Es bleibt der Spaß an der Sache auf der Strecke und irgendwann bleibst dann du auf der Strecke. Denn irgendwann ist dein Sohn ein Mann. Ein Mann, der seinem Vater den Rücken kehrt.
Wünscht du dir das, lieber Fußball-Papa?
Deine Babsi
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Liebe Babsi,
ich bin sehr geschockt und traurig über das, was du berichtest. Wie schlimm muss das für ein Kind sein? Schrecklich solche Eltern! Als erstes sollte der Sport doch Spaß machen! Leider nimmt dieser Leistungsanspruch vieler Eltern immer mehr zu. Erst letztens habe ich bei uns einen Vater beobachtet, wie er sein heulendes 5-jähriges Kind auf den Fußball-Platz geschubst hat, und ihn anfauchte „Los, spiel jetzt Fußball!“ Geht es noch? Sicher auch ein Beispiel für ‚Wie verderbe ich meinem Kind die Freude am Sport!‘ Warum nur? Die Kinder müssen doch bitte nicht alle Profi-Fußballer werden! Ich wünsche mir nur für meinen Sohn, dass er Spaß am Fußball spielen hat, ein guter Teamplayer wird, dass er Erfolge hat und aus Misserfolgen lernt. Und das wünsche ich allen Kindern, die Fußball spielen. Basta!
Liebe Grüße
Sonja
Liebe Sonja,
danke für dein Kommentar. Ich finde auch, dass Sport für Kinder zuerst einmal Spaß machen soll. Ich weiß auch nicht, was dieser Druck bringen soll. Manchmal machen mich solche Situationen einfach nur traurig und sprachlos.
Zwar ging es hier um einen etwa 10-Jährigen aber auch hier handelt es sich doch noch um ein Kind. Es brach mir das Herz und ich denke nicht, dass ihm Fußball unter diesen Umständen lange Spaß machen wird.
Fünf Jahre ist ja dann noch viel jünger. Das ist ja total schlimm!
Was ist nur los?
Liebe Grüße Babsi