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Familienleben

To Hell and back

Das steht auf meiner Lieblingskaffeetasse. Doch leider ist das hier kein Beitrag über meine Lieblingstasse. Sondern über ein Ereignis, das mich tatsächlich zur Hölle und wieder zurück gehen ließ.

Das ganze hat sich gestern zugetragen und hat Spuren hinterlassen. Verdammt tiefe Spuren. Ein Ereignis, das wieder einmal zeigt, du hast absolut NICHTS unter Kontrolle. Du bist machtlos ausgeliefert (wem oder was auch immer). Und alles, was du dann noch tun kannst, ist hoffen. Denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Alles begann ganz harmlos

So wie jeden Tag. Die Kinder wurden am Morgen von meinem Mann in Kindergarten und Schule gebracht. Den Vormittag habe ich mit meinen Projekten und meinem Mupfel verbracht. Zu Mittag holte dann mein Mann die zwei kleineren von Schule und Kindergarten wieder ab. Wir haben gemeinsam gegessen. Dann ein kleines Päuschen für alle und dann haben wir uns damit beschäftigt, dass wir meinen Home-Office-Bereich im Wohnzimmer eingerichtet haben.

Während der Zeit hat unser Mad Max seine Hausaufgaben erledigt und ich habe mich zwischendurch immer wieder zu ihm gesetzt und habe ihm geholfen bzw Gedankenfetzen notiert. Irgendwie verging die Zeit rasend schnell und als wir fast fertig waren mit dem Home-Office-Bereich legten wir eine Kaffeepause ein.

Ich schaute auf die Uhr und stellte mit Schrecken fest, dass unser großes Kind noch gar nicht zuhause war. Oh mein Gott! Er müsste aber schon längst da sein. Also zückte ich mein Handy und rief mein Pubertier an. Und da begann das Drama.

Kein Freizeichen

Ich kam nur auf seine Mailbox. Mein erster Gedanke: „Oh je! Der Arme hat den Bus verpasst und kann nicht anrufen, weil der Akku leer ist.“ Also schickte ich meinen Mann los. Doch an der Haltestelle, wo Pubertier sein hätte können, war er nicht. Auch nicht auf der zweiten und auch nicht auf der Dritten. Ich saß da und versuchte ihn immer wieder telefonisch zu erreichen. Doch es gab kein Freizeichen.

Mein Mann war bereits in der Schule unseres Sohnes angekommen. Doch dort war er auch nicht. Und ihr könnt euch nicht vorstellen, welche grausamen Gedanken einem in den Sinn kommen. Ich war schon am Ende meiner Nerven. Nur noch weinen konnte ich. Mein Mann sagte dann, dass er jetzt im Krankenhaus nachfragt. Aber auch da war er nicht. Und du weißt nicht, was du da jetzt denken sollst. Denn eigentlich denkst du „Gott sei dank!“ Andererseits kommen noch viel schlimmere Gedanken als zuvor. WO IST MEIN KIND!?!?!

Ich hatte schon alle mir möglichen Personen angerufen und nachgefragt, ob mein Sohn zufällig da wäre. Darunter auch zwei meiner älteren Brüder. Doch er war nirgends. Mein Kind war abgängig. Niemand hatte ihn gesehen, niemand wusste, wo er sein könnte und er war auch nicht telefonisch erreichbar.
Vor Schmerz habe ich geschrien. Dieser Schmerz ist unvorstellbar und unbeschreiblich. Deswegen versuche ich es erst gar nicht, euch das irgendwie zu erklären. Das versteht man erst, wenn man es selbst fühlen musste. Ganz ehrlich, das wünscht du nicht einmal deinen größten Feinden, dieses Gefühl.

Ich rief meine Mama an. Die weiß, was zu tun ist. War ich selbst auch regelmäßig „abgängig“ (es waren andere Zeiten und man hatte noch kein Handy). Sie versuchte mich zu beruhigen, ließ es aber dann. Denn sie weiß, dass es in dieser Situation nichts gibt, das dich beruhigt, außer die Nachricht, dass es deinem Kind gut geht. Meine Mama hatte die Telefonnummer vom Bruder meines Ex-Freundes (der Papa von Pubertier) und sie rief ihn an. Und er half auch gleich mit unser Pubertier aufzuspüren.

In der Zwischenzeit kam einer meiner Brüder, den ich angerufen hatte. Er kam, um mir beizustehen. Er musste sich kurz nach meinem Anruf ins Auto gesetzt haben und muss los gefahren sein. Auf jeden Fall kam er sofort, um bei mir zu sein. Um da zu sein, sollten schlechte Nachrichten kommen. Das hat er so natürlich nicht gesagt. Sondern er sagte eher so Sachen wie „Wirst sehen, er ist bei einem Freund oder bei seinem Vater.“ Ich zitterte am ganzen Körper. Und weinte.

Und plötzlich läutete mein Handy. Meine Mama. „Es geht ihm gut. Er ist zu seinem Vater gegangen. Ich hole ihn jetzt und bringe ihn nachhause.“ Vor lauter Erleichterung sackte ich, mehr oder weniger, in die Arme meines großen Bruders, der mich ganz fest drückte. Ich rief meinen Mann an, der gerade bei einem Freund des Pubertiers vorbei schaute und teilte ihm die gute Nachricht mit.

Was war denn los?

Ich wusste noch nicht genau, was überhaupt passiert war. Wie es dazu kam, dass mein Pubertier zum Vater ging. Ich muss gestehen, ich hatte immer noch Schreckliches im Sinn. Es ist nämlich so, dass es um Pubertiers Schule ein paar, naja, wie soll ich sagen? Es gibt dort ein paar Rabauken. Die haben schon mal Probleme bereitet. Zwar nicht direkt meinem Pubertier, aber man weiß halt, dass sie da sind. Und ich habe vor nicht all zu langer Zeit dem Pubertier geraten, sollte er einmal in Schwierigkeiten geraten, dann soll er sich sofort verstecken und seinen Papa informieren, weil er nämlich näher dran ist. Er wohnt schließlich in der selben Stadt.

Endlich waren meine Ma und mein Pubertier da. Ich ging ihnen entgegen und nahm meinen Großen, wo ich mich schon auf Zehenspitzen stellen muss, in die Arme. Und er weinte, weil ihm das so leid tat, was er getan hatte.

Er ist zu seinem Papa und älteren Bruder (nicht mein Kind, sondern das brachte mein Ex damals in die Beziehung mit) gegangen, weil er etwas, das ich gesagt hatte, total missverstanden hatte und er dachte, ich würde ihn nicht mehr da haben wollen.

Ich habe am Vorabend nämlich davon geträumt, was ich alles tun würde, würde ich so richtig viel Geld besitzen. Und unter anderem habe ich gesagt, dass ich für unser Pubertier dann eine Privatschule zahlen würde. Irgendwie hat er aber nur den Teil mitbekommen, wo ich gesagt habe, dass er dann in eine Privatschule kommt.

Er ist sehr sensibel und zusätzlich in der Pubertät und hat das in den komplett falschen Hals bekommen. Und es tut mir aufrichtig leid, dass er das so verstanden hat. Dass er dachte, ich wolle ihn weggeben, nicht da haben wollen. Denn das ist bestimmt nicht so. Wir haben dann lange darüber gesprochen. Ich habe ihm das mit der Privatschule erklärt und welche ich da eigentlich im Sinn hätte, wenn es denn so wäre. Er weiß jetzt, dass ich das niemals böse gemeint habe und hat verstanden, dass diese Art von Schule sogar total super wäre. (Es geht um Montessori-Schulen)

Was ich daraus gelernt habe

Ich muss besser aufpassen, was ich sage, wenn mein Pubertier anwesend ist. Er war immer schon sensibel, aber die Pubertät verstärkt das anscheinend.

Mein Pubertier ist groß und wirkt schon sehr Erwachsen, ist aber doch noch ein Kind und wird immer mein Kind bleiben.

Mein Mann liebt unser Pubertier, als wäre es sein eigener Sohn. Denn auch er war mit den Nerven durch.

Ich habe den besten Bruder der Welt, der auf der Stelle alles stehen und liegen lässt, um mir zu helfen. Und sei es „nur“ seelische Unterstützung. Er war immer schon zur Stelle, wenn „Feuer am Dach“ war. Schon als ich klein war. (Die anderen zwei sind genauso top. Nur der eine wohnt total weit weg und der andere weit weg.)

Meine Mama kann am besten die Ruhe und einen klaren Kopf bewahren. Ohne sie wäre ich schon ein paar Mal (in den letzten Wochen… ok, Monaten… ok, ok, ich gebe es zu, Jahren) total aufgeschmissen gewesen. Ich kann ihr das alles gar nicht zurück geben.

Und, was besonders wichtig ist, unser (Familien)Netzwerk funktioniert einwandfrei. Wie ein Schweizer Uhrwerk.

Und ich werde mir sämtliche Telefonnummern geben lassen, sollte das noch einmal passieren (was ich natürlich nicht hoffe, aber man weiß ja nie), kann ich alle möglichen und unmöglichen Menschen anrufen und fragen, wo mein Kind ist.

Wenn die Angst, dein Kind könnte nie mehr nachhause kommen, so schrecklich schmerzhaft ist, wie schlimm muss es sein, wenn man die Gewissheit hat, dass das Kind nie mehr nachhause kommt? Ich hoffe, ich finde es nie heraus…

Ich ging durch die Hölle und wieder zurück.

Eure Babsi


PS: Man kann ein Kind, das nicht nachhause kommt, sofort bei der Polizei als abgängig melden! Ohne Umschweife und Umwege.


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4 Kommentare

  1. Zum Glück hat es sich geklärt , ich weiß nur zu gut wie es ist unsere war zwei Stunden weg und hatte ihr Handy aus. Es war die Hölle pur und wo fanden wir sie unterm Kastanienbaum total happy in ihrer Welt und ich hab nur noch geweint

    1. sagt:

      Oh weh… deine ist ja noch jünger als meiner. Total schlimm ist das. Und ja, man kann dann auch vor lauter Erleichterung nur noch heulen.

  2. Gut, dass sich alles geklärt hat. Ich hatte das mit meinem Sohn auch einmal und bin schier verzweifelt.
    Und dann kam der Tag, wo sich nichts mehr klärte und dann gehst du durch die Hölle, aber ohne Rückweg.
    Ein ewiger Alptraum, der niemal vergeht.

    Ich drücke euch die Daumen, dass ihr das nie wieder erleben müsst.

    1. sagt:

      Oh weh… das ist nicht schön 🙁

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